Bis zum 13. Juli 2018 kannte ich DIPG nicht.
Ich wußte nicht, wofür diese vier Buchstaben stehen.
Kinderkrebs? Kindliche Hirntumore? Weit weg in meinem Alltag mit drei Kindern im heissen Sommer im Jahr 2018…
Auch nach der Diagnose im Juli 2018 konnte ich nicht ansatzweise erahnen, was DIPG mit meiner Emma machen sollte – und mit mir.
Wenn ich die Fotos von Juli 2018 bis September 2019 betrachte, dann sehe ich einen dauernden Wandel meiner Emma – äußerlich sowie innerlich, ausgelöst durch diesen schrecklichen Hirntumor und dessen Behandlung.
Ich sehe auch eine stets lächelnde, zuversichtliche, fröhliche Emma. Zugleich erinnere ich mich an meinen Schmerz, den ich beim Auslösen des Fotos verspürt habe. Ich spüre noch heute die Angst, die täglicher Begleiter unseres Lebens wurde.
Die Bilder, die ich heute mit euch teilen möchte, zeigen mit nur vier Fotos den Verlauf innerhalb kürzester Zeit. Den Verlauf von DIPG, den alle Kinder durchleben müssen. Eine Veränderung der Kinder, die Eltern, Geschwister, Freunde und Bekannte sehen. Ein schrecklicher Verlauf.
Bild 1 – April 2018, drei Monate vor der Diagnose:
Wir waren im Zirkus und hatten einen schönen Nachmittag mit Emmas Freundin und ihrer Familie. Niemand konnte ahnen, was zu diesem Zeitpunkt schon in Emmas Hirnstamm wuchs.
Bild 2 – September 2018, zwei Monate nach der Diagnose:
Wir waren zur Kontrolle in der Tagesklinik, die Bestrahlung hatte bereits begonnen.
Emma hatte innerhalb kürzester Zeit 7 kg zugenommen, verursacht durch Kortison und dessen Nebenwirkungen. Emma hatte Scherzen in den Knien, sie konnte alleine keine Treppenstufen bewältigen.
Bild 3 – Oktober 2018, drei Monate nach der Diagnose:
Kontroll-MRT und das Warten nach dem Aufwachen aus der Sedierung mit Propofol. Emma ging es „gut“, sie zeigte es uns mit „Daumen hoch“.
Etwa eine Stunde, nach dem das Foto aufgenommen wurde, kam eine Ärztin aus der Tagesklinik mit freudiger Mimik zu uns und berichtete über das Ergebnis des MRT: Der Tumor war geschrumpft, die Bestrahlung hatte Wirkung gezeigt.
Das sollte das erste und letzte Mal gewesen sein, dass es nach dem MRT positive Nachrichten gab.
Bild 4 – Dezember 2018:
Emma dufte am Nikolaustag ihre ehemalige Kindergartengruppe besuchen und freute sich, ein Teil der Gemeinschaft zu sein. Trotz offensichtlicher Einschränkungen durch DIPG nahmen die Kinder Emma in ihrer Mitte auf, als sei sie nie weg gewesen.
Ich könnte euch noch mit unzähligen weiteren Fotos zeigen, was DIPG mit Emma gemacht hat. Aber viele der Fotos sind so schrecklich, dass ich sie nicht ansehen kann, geschweige denn mit euch teilen möchte.
Die Monate danach waren geprägt von positiven und negativen Momenten und Erlebnissen, wohingegen die letzten Wochen nur noch ein „bergab“ für uns waren. Bis zu Emmas letzten Atemzug.
Auf gewisse Art und Weise habe ich DIPG mit Emmas Tod am 29. September 2019 aus meinem Leben verbannt.
Aber DIPG wird immer ein Teil bleiben. Diese Buchstabenkombination, die in ausgeschriebener Form den grausamen Monster-Tumor beschreibt, der im Sommer 2018 plötzlich Teil unserer Familie wurde.
Diffuses intrinsisches Ponsgliom – ein aggressiver und tödlicher Hirntumor bei Kindern mit einer mittleren Überlebenszeit von ca. 9 bis 12 Monaten nach der Diagnose.
Mit Emmas Vermächtnis e. V. und Ein Hase für Emma habe ich beschlossen, dass DIPG und der Kampf um eine Heilung von kindlichen Hirntumoren weiter Teil meines Lebens bleiben wird.
Denn es bleibt. Erinnerungen verblassen, Wunden vernarben, aber DIPG bleibt.
So wie auch das schreckliche, schmerzliche Vermissen jeden Tag bleibt. So wie der leere Platz am Familientisch bleibt.
So wie die Angst bleibt, wenn Emmas kleiner Bruder über Kopfschmerzen klagt.
So wie der Blick auf Mädchen in Emmas Alter bleibt.
So wie die Narben in meinem Mamaherz bleiben.
Daher möchte ich euch anlässlich des bevorstehenden Bewusstseinsmonat für Kinderkrebs aufrufen, aktiv zu helfen. Sprecht über DIPG, sprecht über Kinderkrebs, sprecht über die Kinder, die so sehr gelitten haben und wegen DIPG nicht mehr bei ihren Familien sein dürfen.
Helft mit, teilt die Beiträge all derer, die sich im Kampf gegen kindliche Hirntumore einsetzen, spendet für die Forschung. Unterstützt uns und helft mit, dass für die nachfolgenden Generationen die Diagnose DIPG irgendwann kein Todesurteil mehr sein muss.
In Gedenken an meinen Mausebär Emma und alle anderen DIPG-Engel dieser Erde.
Ihr seid nicht vergessen. Ihr seid nicht weg, ihr habt nur die Seite gewechselt und all eure Liebsten sehnen sich nach einem Wiedersehen mit euch.
Emma, ich warte auf dich am Regenbogen, wenn mein Tag gekommen ist und kann es kaum erwarten, dich wieder zu sehen, zu spüren und mit dir zusammen zu sein.