Alltagskontrollverlust

Wie wir wissen, hat die Trauer viele Gesichter. Meist wirkt man als trauernde Person gegenüber seine Mitmenschen als gefestigt und stark. Man lebt ja sein Leben, man kommt gut zurecht, man macht weiter.

Auch ich möchte von mir behaupten, dass ich im Alltag ganz gut zurecht komme…was bleibt einem auch anderes übrig?

Dennoch…in ruhigen Momenten, in schlaflosen Stunden oder inmitten des Trubels der Innenstadt, mit glücklichen, lachenden Kindern…da überkommt mich die Traurigkeit.

Ich bin rausgerissen aus dem, was ich gerade denke oder mache, ich bin wie gelähmt und hänge fest in Erinnerungen.

Auch im Alltag, im sicheren Zuhause, passieren solche Momente.
So wie heute Nachmittag.

Zufällig fand ich in einem Block eine Zeichnung von Emma.

Ich versuchte, zu deuten, was sie gezeichnet hatte.

Es ist unser Zuhause und unser Alltag – mit ihr mittendrin, die ihrem Bruder ein Herz überreicht.

Und da ist wieder dieser Moment, in dem mich die Traurigkeit übermannt und ich die Kontrolle über mich in meinem Alltag verliere.

Ja, die Trauer hat viele Gesichter und sie kommt ganz plötzlich und unerwartet.

Nichts ist mehr wie zuvor und egal, wie viel Zeit vergeht – die Trauer bleibt. Wenn auch nicht immer, aber ewig.

Memento mori

„Bedenke, dass der Tod nicht zögert“

Dieser Spruch steht über dem Eingangstor eines Friedhofs in Pfaffenhofen an der Ilm.

Vor vielen Jahren habe ich ihn entdeckt, als ich daran vorbei fuhr.

Dass der Tod und die Vergänglichkeit plötzlich und vor allen Dingen unerwartet Teil meines eigenen Lebens sein würden, wurde mir erst bei Emmas Diagnose am 13. Juli 2018 bewusst.

Jeder kennt die Frage von Verwandten, Freunden und Bekannten nach der Geburt eines Babys „Ist er/sie gesund?“
Nach der Antwort JA sind alle erleichtert. Alles ist gut.
Das dachte ich mir auch, bis das Schicksal einen anderen Lebensweg für uns vorher sah.

Viele Menschen verdrängen aus Angst den eigenen Tod oder den der Liebsten.

Ich beschäftige mich seit Emmas Diagnose mit dem Tod und bin mir täglich dessen bewusst.
Auf gewisse Art und Weise hat mich die Erfahrung mit dem Tod reifen lassen. Ich habe meine Sicht auf gewisse Dinge verändert.

Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht mit meinem Schicksal zurecht komme, dass ich nicht loslassen kann, dass ich mir nicht helfen lassen möchte.

Das Schicksal hat diesen Weg für mich geschaffen und dem stelle ich mich – mit allem, was mir gegeben wurde.

Welche Bedeutung dies genau hat, werde ich euch bald berichten!