Zum Psychologen? ICH? NEVER!

„Marion, suche dir doch einen Psychologen. Er kann dir helfen, über deine Trauer hinweg zu kommen.“
Wie oft habe ich diese und ähnliche Sätze gehört?
Wie oft habe ich sie abgelehnt?
Ich brauche das doch nicht, ich komme doch gut zurecht.
Ich habe doch liebe Menschen um mich herum, mit denen ich reden kann.
Es gibt doch Anlaufstellen, an die ich mich wenden kann.
Ich mache es doch ganz gern und gut mit mir alleine aus.
Das waren oft und lange genug die Antworten, die ich mir selbst auf die Frage, ob ich denn einen Psychologen brauchen würde, gegeben habe.
Aber dann kam alles anders.
Auf meiner beruflichen Reha Anfang des Jahres saß ich einer Psychologin gegenüber.
Als ich meine Lebensgeschichte erzählte und die Tränen nicht mehr aufhören wollten, zu fließen, wurde mir bewusst, wie gut es tun kann, einer fremden Person, die noch nichts von meinem Leben wußte, von mir zu erzählen.
Alles rauszulassen, meine Fragen, die mich seit Jahren beschäftigen.
All die Gedanken, die in meinem Kopf kreisen.
Als ich wieder zurück zuhause war, war das Thema schnell vergessen.
Aber dann kam das Gutachten, in dem stand, dass mir dringend zu einer Therapie geraten wird.
So ging ich dieses befremdliche Thema an, das ich so lange vor mir herschob und verdrängte.
Vergangene Woche hatte ich meine erste Sitzung.
Skeptisch war ich, ängstlich noch viel mehr.
Was ist, wenn der Mensch, dem ich all meine Gefühle offenbaren sollte, nicht der Richtige ist?
Er war der Richtige! Spätestens als er ein Foto von Emma sehen wollte, war das Eis gebrochen.

Es hat gut getan.
Ich habe meine Angst überwunden.
Ein klein bißchen freue ich mich schon auf den nächsten Termin, denn eins ist mir nach dem Erstgespräch klar geworden:
Man muss nicht alles mit sich alleine ausmachen.
Man kann auf die Hilfe anderer zurückgreifen. Auch wenn man Angst hat.
Irgendwo ist immer eine Hand, die einem durch dieses neue Gebiet führt.

Erwartungen

Ich frage mich so oft, warum andere Menschen gewisse Erwartungen an mich haben.
Ich frage mich, ob ich so „falsch“ ticke, zu verbohrt bin und nicht den Erwartungen entsprechen will.
Oder ist es so, dass diese Menschen nicht emphatisch genug sind, sich in trauernde Personen wie mich hineinzuversetzen?

Dabei erwarte ich von niemanden, dass er sich in meine Lage versetzt, sich vorstellt, wie es sich anfühlt, sein Kind durch eine unheilbare Krankheit und in den Tod zu begleiten. Aber ich erwarte, dass man VERSTÄNDNIS hat für mein Tun und Handeln, meine für andere ungewöhnliche Art und Weise mit dem Leben umzugehen.

Keiner kann es sich vorstellen, wie sich MEIN Leben ohne Emma anfühlt. Keiner erlebt mein Leben, keiner fühlt meinen Schmerz, keiner lebt in meinem Körper mit einem gebrochenen Herzen. Ich möchte mich nicht rechtfertigen müssen, für das, was ich wie tue.

Aber leider erlebe ich das immer wieder. Dabei möchte ich nichts anderes, als Verständnis für mich, die Person Marion im hier und jetzt.Es bringt nichts, mich mit anderen zu vergleichen, mit einer „normalen“ Mama, einer „normalen Familie“.
Und auch nicht mit mir und meiner Person vor Emmas Diagnose. Es ist verdammt nochmal einfach nicht mehr so wie FRÜHER. Aber so merke ich – auch ich lebe mit Erwartungen. Mit Erwartungen an meine Mitmenschen für mich. Bin ich genauso wie diese Menschen, deren Verhalten ich kritisiere?

Ich denke so oft an den treffenden Satz „Das Kind erkrankt an Krebs, die Familie leidet an Krebs.“

Denn genau so ist es und zwar das ganze restliche Leben lang! Muss ich akzeptieren, nicht mehr ein Teil der Gesellschaft zu sein, bloß weil ich nicht so funktioniere, wie man es von mir erwartet? Warum sind die Leute oft so? Ich erwarte auch nicht, dass andere Menschen ihr Leben so leben, wie ich es für richtig halten würde. Selbst wenn ich es mir denke, ich spreche es nicht aus. Weil es mich einfach nichts angeht.

Wie ihr meinen Zeilen entnehmen könnt, befinde ich mich im Moment (wieder mal) in einem seelischen Tief, ausgelöst durch etliche Situationen der letzten Wochen. So sitze ich da und fühle mich erneut so hilflos und einsam, obwohl ich nicht alleine bin. Ich habe liebe Menschen um mich herum, meine Familie. Dennoch bin ich mit meinen Gefühlen ganz alleine. Aber auch das ist gut so, denn in diesen Phasen kann man sich ganz tiefgründig mit sich und seinen Gefühlen und Gedanken befassen. Ich lebe zum Teil in einer Blase, in der ich nur für mich bin.
Und wisst ihr was?
Ich geniesse das. Denn in meiner Blase kann mir keiner was anhaben. Die Blase schützt mich auf gewisse Art und Weise vor den Einflüssen von aussen. Und so lange ich es in meiner Blase aushalte, so lange bleibe ich auch drin und kämpfe mit meinen eigenen Gefühlen.

Bis ich wieder bereit bin, rauszukommen und mich all dem zu stellen. Gestärkt von meiner Pause in meiner ganz persönlichen, eigenen Blase.

In diesem Sinne – einen gesegneten Feiertag.

Ich brauche nicht zu schreiben, dass man an diesem Feiertag an die Verstorbenen denkt. Denn wir denken tagtäglich an unsere Lieben, die nicht mehr bei uns sind.
An diesem heutigen Tag gehen wir gesammelt an die Gräber, um zu signalisieren, dass wir da sind.
Obwohl wir ja immer da sind, zusammen sind, in Gedanken, in Träumen und im Herzen.

Bis bald,

Marion mit Emma im Herzen

Rückblick

Für den Weihnachtsmann

Rückblick…heute vor einem Jahr.

Ich kann mich noch so gut erinnern…Emma, Quirin und ich waren im Kino, haben „Grinch“ angeschaut und wundervolle Stunden miteinander verbracht.

Wir waren in Weihnachtsstimmung und voller Vorfreude.

Abends hat Emma Geschenke, Plätzchen und ein Getränk für den Weihnachtsmann unter unseren Baum gelegt, damit er die Geschenke bringt.

Familienzeit, Geborgenheit und Wärme, das alles haben wir genossen und gespürt….nichtsahnend was das Jahr 2019 für uns vorbereitet hatte, den Gedanken verdrängt, dass dies das letzte Weihnachten zu fünft, das letzte Weihnachten für Emma sein wird.

Mit all diesen Gefühlen und Erinnerungen kämpfe ich im Moment. Ich bin hin und her gerissen zwischen dem Drang, diese Tage für die Jungs und unseren Engel Emma, der hoffentlich immer bei uns ist, „schön“ zu gestalten. Und dann überrollt mich das unglaublich schmerzvolle Vermissen so sehr, dass ich wie gelähmt da sitze und alles nicht realisieren kann.

Ich kann nicht sagen, wie ich die nächsten Tage überstehen werde, aber ehrlich gesagt hoffe ich, dass sie schnell vergehen. Und ich hoffe auf ein Zeichen meines Engels. 

Ich wünsche euch schöne gemeinsame, friedliche Tage mit euren Liebsten. Lebt das Leben und genießt die Zeit, es ist so wertvoll!.

Liebe Grüße, Marion mit Emma im Herzen 

Gefühlschaos

Emma lächelt

Es ist Wahnsinn, ein auf und ab.

Emotional ohne Ende.

Nach einem schweren Tag gestern folgte eine ruhige Nacht.

Der Tag bisher verläuft sehr gut, keine Schmerzen, keine Krämpfe.

Ganz anders als gestern.

Ich freue mich und hoffe es bleibt so! 

Danke für all eure Nachrichten, Kommentare, Wünsche und Gebete!

Liebe Grüße, Emma und Marion

Schlüsselmomente

Als wir Ende Mai mit Emma zur Immuntherapie in Köln waren, zeigte sie mir am iPad das Video „Danke Mama“.

Sie wollte, daß ich es mir bis zum Ende anschaue. 
Mir schmerzte mein gebrochenes Mama-Herz, denn ich weiß genau, daß sie mir das alles lieber sagen würde, anstatt es mir per Video zu zeigen. 
Aber sie kann nicht mehr so gut sprechen und deshalb machte sie es auf diesem Weg.

Emma und ich hatten Tränen in den Augen. 

„Ich hab dich lieb“ sagte sie dann und wir lächelten beide. 

https://www.youtube.com/watch?v=ZSE8zCGdU70Viele Kinder möchten ih