Leben in der Zwischenwelt
Als verwaiste Mama oder verwaister Papa hat man nach dem Sterben seines geliebten Kindes den Tod auf unvermeidbare Art und Weise so nah kennengelernt, wie man ihn nie erleben wollte.
Wenn ich für mich und meine Trauer spreche, dann erkläre ich es oft so, dass ich mich in einer gewissen Zwischenwelt befinde.
Ich lebe mein Leben, ich habe meine Familie, meinen Mann und meine zwei Söhne. Wir gehen zur Arbeit und zur Schule, wir erleben schöne gemeinsame Momente und sind dennoch anders. Denn unsere geliebte Emma ist im Himmel und nicht mehr an unserer Seite.
Während meinem Alltag mit Job, Haushalt und Familie, um den ich sehr froh bin, verliere ich mich oftmals in Gedanken an den Himmel, an das Jenseits, an das Sterben und den Tod. Ich denke an Emma, wo und wie sie jetzt „lebt“ und ob wir uns denn wirklich wiedersehen, so wie wir es uns wünschen, wenn unser Tag gekommen ist.
Ich muss mich oft erinnern, das Leben zu leben und dennoch ist der Gedanke an den Tod so greifbar. Der Tod macht mir keine Angst. Das Leben aber schon immer wieder. Die Herausforderungen des Lebens zu meistern, die traurigen Erinnerungen mit schönen Erinnerungen zu überlagern und die gemeinsame Zeit zu genießen.
Deshalb sind meine neuesten beiden Tattoos Ausdruck dieser beiden Seiten. Eins auf der bunten Seite mit Emmas Zeichnungen und das andere auf der dunklen, eher düsteren Seite.
Es sind die Sprüche MEMENTO MORI und MEMENTO VIVERE – „Gedenke, dass du sterben musst.“ und „Gedenke zu leben.“
Memento mori – der Satz über dem Friedhofstor in Pfaffenhofen, über den ich im Juli berichtet habe, war Anfang dieser Idee und ich bin stolz, diese zusammen mit dem Tätowierer meines Vertrauens umgesetzt zu haben.
Emmas Geburtstag
Mein Mausebär,
heute ist dein 12. Geburtstag und schon der 5. Geburtstag im Himmel.
In meiner Vorstellung wirst du heute feiern mit deinen Engelfreunden und eine bunte Party mit Donuts, Eis und Erdbeeren zelebrieren. Ihr werdet lachen und frei sein.
Währenddessen sitze ich hier unten und denke ununterbrochen an dich. Gestern beim einschlafen und die ganze Nacht über habe ich an dich gedacht und von deinem Leben geträumt. So viele Momente aus unserer gemeinsamen Zeit waren in meinem Kopf und ich fragte mich wie so oft, warum wir nicht mehr Zeit miteinander hatten. Warum ich diese Momente nicht mehr ausgekostet habe und wie nicht mehr erlebt haben? Aber wer hätte gedacht, dass dich die böse Blume kurz nach deinem 6. Geburtstag so schnell aus unserer kleinen Welt reißen wird?
Seitdem ist nichts mehr wie vorher. Mit Hingabe habe ich immer deine Geburtstage vorbereitet und gestaltet. Dein letzter Geburtstag bei uns war mit tiefer Traurigkeit durchzogen, auch wenn du das hoffentlich nicht gespürt hast, weil sich alles um dich gedreht hat.
Den ersten Geburtstag ohne dich, dein 8. Geburtstag, haben wir gefeiert als wärst du noch bei uns. Seitdem fällt es mir ehrlich gesagt immer schwerer, alles dir gerecht zu organisieren.
Früher wollten wir, dass diese Tage nie zu Ende gehen. Inzwischen bin ich – wenn ich ehrlich bin – froh, wenn diese Tage vorüber sind.
Denn dann hat mich mein Alltag wieder im Griff, der mir hilft, mich abzulenken. In dem ich gefordert bin, meine Aufgaben zu bewältigen und nicht immer an unser Schicksal zu denken und traurig zu sein. Vermissen tut so weh!
So habe ich heute mit schwerem Herzen dein Grab dekoriert anstatt den Geburtstagstisch. Der Einhornballon wollte nicht bleiben, vielleicht magst du Einhörner gar nicht mehr? Wenn ich das nur wüsste…
Auch wenn es mir so schwer fällt, es zu glauben, so hoffe ich, dass das „Leben“ mit dem letzten Atemzug nicht vorbei ist. Sondern dass es in irgendeiner Form weitergeht. Und so mache ich weiter, gehe meinen Weg und hoffe auf ein Wiedersehen, wenn mein Tag gekommen ist. Ich wünsche mir, dass du mich mit offenen Armen an der Regenbogenbrücke empfängst und ich dir alle Küsse geben kann, die ich dir hier auf Erden nicht mehr geben konnte. An deinen Geburtstagen und an allen anderen Tagen des Jahres.
Ich liebe dich – bis zum Himmel und zurück! Deine Mama 💕
Wie wichtig die Erinnerung ist…
Wie viele von euch wissen, werden wir seit Emmas Diagnose von der Initiative für krebskranke Kinder München e. V. in vielfältiger Form unterstützt.
Zu den Zeiten in der Klinik München-Schwabing nutzen wir die Sozialberatung und die kliniknahe Elternwohnung.
Aber auch nach Emmas Tod wurden die Hilfsangebote nicht weniger. Die Nachsorge-Einrichtung KONA („Koordinierte Nachsorge für Familien mit an Krebs erkrankten Kindern“) bietet Hinterbliebenen Unterstützung in Eltern- und Geschwistergruppen sowie vielen weiteren Veranstaltungen.
Bisher haben wir diese nicht genutzt, die Gründe dafür sind unterschiedlich.
Im Frühjahr haben wir wieder eine Einladung erhalten, zum diesjährigen Frühjahrstreffen.
Um ehrlich zu sein, habe ich wieder gezögert, mich tagelang mit meinen Gedanken beschäftigt und mich immer wieder gefragt, ob ich den Mut habe, an diesem Treffen teilzunehmen. Dank meinem Mann, der spontan dafür war, habe ich uns angemeldet.
Am 4. Mai war es soweit – wir machten uns auf den Weg Richtung Fürstenfeldbruck, In der Versöhnungskirche Emmering fand der Gottesdienst statt. Organisiert wurde er von KONA, zusammen mit einem ehrenamtlichen Team von vier betroffenen Müttern und Vätern.
Zusammen mit der Pfarrerin Nicola Neitzel, Klinikseelsorgerin München Klinik Schwabing, wurde der Gottesdienst wundervoll und emotional gestaltet.
Ich wusste, dass es ein harter Weg für mich sein wird und bereits vor Beginn des Gottesdienstes flossen die ersten Tränen. Der Anblick der Familien von all den verstorbenen Kindern berührte mich sehr. Die Schicksale, die hinter jeder einzelnen Person stehen – kaum auszudenken, welche Erfahrungen sie machen mussten. Ich dachte an all die Engelskinder, die nicht mehr bei ihren Eltern sein dürfen, nicht mehr mit ihren Geschwistern spielen können.
Wir durften Gedenkgläser gestalten, nach unserem Geschmack bemalen und mit bunten Steinen bekleben. Diese Gläser mit Teelichtern wurden anschließend alle auf den Boden gestellt, umgeben von bunten Tüchern. Die verschiedenfarbigen Tücher hatten eine Bedeutung – zu jeder Farbe wurde etwas über die Trauer vorgelesen.
Die leuchtenden Gläser am Boden wurden mehr und mehr. Die Namen der Engelskinder wurden vorgelesen und als ich EMMA KARL hörte, war ich am Höhepunkt meiner Traurigkeit angekommen.
Schweren Herzens folgte ich dem weiteren Gottesdienst, spürte nach dem Verlesen des Endes den Drang, nach draußen zu müssen, an die frische Luft, in die Natur. Ich musste meinem Kopf andere Bilder schenken, denn die Erinnerungen an Emma waren gerade so präsent, dass der Schmerz immer mehr wurde.
Beim anschließenden gemeinsamen Essen und einem Spaziergang wurden die Gesprächsthemen wieder alltäglicher und der Schmerz weniger.
Auch wenn es ein schwerer Tag für mich war und die nachfolgenden Tage noch voller Gedanken waren, so war ich stolz, diesen Schritt gegangen zu sein.
Denn Erinnerung ist so wichtig! Man muss den Schmerz der Erinnerung zulassen, um alles nach und nach verarbeiten zu können.
Das war das erste KONA-Treffen, an dem wir teilgenommen haben, aber sicher nicht das Letzte.
An dieser Stelle möchte ich mich bedanken, bei KONA und allen Beteiligten für all diese Angeboten, so dass unsere Kinder nicht vergessen werden und wir verwaisten Eltern und Geschwisterkinder nicht alleine gelassen werden.
DIPG / DMG – Information und Unterstützung Betroffener
Die ehemalige Facebook-Seite DIPG Ponsgliom – Information Und Unterstützung Betroffener ist Geschichte.
Sie wurde komplett neu aufgebaut und wird nun aktiv gepflegt.
Unter diesem Link findet man eine wichtige Informations- und Unterstützungs-Seite für Betroffene von DIPG / DMG.
Auf dieser Plattform gibt es regelmäßig aktuelle Informationen, es werden Spendenaktionen geteilt und neu diagnostizierte Kinder und Erwachsene werden vorgestellt.
Die, die den bisher ausweglosen Kampf verloren haben, werden nicht vergessen. An ihren Geburtstagen und Sterbetragen wird an sie erinnert.
Für mich war nach Emmas Diagnose am 13. Juli 2018, wie für die meisten wahrscheinlich, Google der erste neutrale „Ansprechpartner“. Ich bin sehr schnell auf die Facebook-Seite gestoßen und wusste, ich bin nicht alleine! Das Netzwerk und der Zusammenhalt von Betroffenen ist in einer Ausnahmesituation extrem wichtig und hat mir viel geholfen.
So soll auch diese Seite allen helfen, die mit der grausamen Diagnose DIPG/DMG konfrontiert wurden und die Hilfe suchen.
Bitte helft mit – teilt und folgt der neuen Seite.
https://www.facebook.com/profile.php?id=61560042427559
Zum Psychologen? ICH? NEVER!
Kinderkrebstag 2023
Mittwoch, 15. Februar 2023
INTERNATIONALER KINDERKREBSTAG
Heute ist internationaler Kinderkrebstag.
Seit einigen Tagen und insbesondere heute ploppt diese Nachricht in meinem Feed auf.
Für viele Menschen ist dies nur ein Gedenktag von vielen besonderen Tagen im Jahr.
Für mich ist jeder Tag Kinderkrebstag.
Seit Emmas Diagnose ist das Thema Kinderkrebs tagtäglich in meinen Gedanken.
Dennoch denke ich besonders heute an all die Kinder, die gegen den Krebs kämpfen und an die Kinder, die den Kampf verloren haben.
In liebevollen Gedenken an meine zauberhafte Tochter Emma und alle anderen Engel, die von ihren Lieben so schmerzlich vermisst werden.
Sie sind für immer unvergessen.
Für EMMA und EWIG. In Emmas Vermächtnis.
*** Das Bild, das ich für diesen Beitrag ausgewählt habe, zeigt meine geliebte Emma am Tag der Krebsdiagnose. Geschockt von der Nachricht, voller Zukunftsangst, sitzt sie auf ihrem Krankenhausbett und strahlt in die Kamera, um ihrem Papa und ihren Brüdern einen Gruß nach Hause zu senden… ***
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Die Katha
September-Rückblick
Lacrima

