Schlüsselmomente

Es ist mal wieder Zeit für einen Bericht zum Thema „Schlüsselmomente“. Diesmal schreibe ich nicht über einen Moment mit Emma direkt, sondern einen prägenden Moment für mich als Mama von Emma.

Ich beginne von Anfang…
Als ich am 13. Juli 2018 die Diagnose von den Ärzten hörte, griff ich – wie jeder in dieser modernen Zeit wahrscheinlich – nach meinem iPhone und googelte DIPG. Ich überflog die wichtigsten Informationen, um meinem Mann davon zu berichten. Wir beschlossen, uns weiter zu informieren und dann erst unseren Eltern, der Familie und den Bekannten davon zu erzählen.

In der ersten Nacht laß ich das erste Mal im Blog von Lina aus Nürnberg (linastrong) und weinte bei den ehrlichen und traurigen Berichten der Eltern. Nach einigen Blogbeiträgen hörte ich auf zu lesen, es waren zuviel Informationen „aus erster Quelle“, zu brutal und hart in diesem Moment, in dem noch so viel ungewiss war. Ich konnte mir nicht ansatzweise vorstellen, wie es uns ergehen würde. Und ich hoffte auf ein Wunder, daß bei UNS alles anders ist, daß EMMA anders ist…

Nach unserer ersten Zeit im Krankenaus recherchierte ich zuhause weiter und stieß schnell auf die Facebook-Seite „DIPG Ponsgliom – Information und Unterstützung Betroffener“. Anfangs laß ich noch still mit und war jedes mal erschüttert, was ich lesen musste. 
Bald darauf war September – der Bewusstseinsmonat für Kinderkrebs, die Informationen wurden mehr und auch mein Wissen wuchs.

Ich machte mir nach und nach ein Bild, was DIPG im Laufe der Zeit mit den Kindern anrichtet.

Der Kontakt mit Tina, der Gründerin der oben genannten Facebook-Seite und betroffenen Mamas entstand und ich spürte zum ersten Mal eine besondere Art Verständnis und Mitgefühl – aus allererster Hand! 

Da es Emma aber lange Zeit sehr gut ging, habe ich gewisse Dinge ausgeblendet, wollte sie nicht hören oder lesen. Viele viele Sachen waren hilfreich, aber noch immer weit weg von uns. 

Im Februar hatte ich dann meinen Schlüsselmoment: 
Während unserer Familien-Reha im Schwarzwald telefonierte ich mit der Mama eines an DIPG verstorbenen Mädchens. Das Telefonat war so herzlich und nah, es fühlte sich so an, als würden wir uns schon lange kennen und es tat so gut, mit jemanden zu sprechen, der genau weiß, was ich gerade durchmachte. 

Die Mama gab mir auch viele hilfreiche Tips zum Facebook-Blog, zu den Spenden und der Therapie in Köln.

Ich hatte Auftrieb, ich fühlte mich stark und voller Tatendrang! 

So entstand unser Facebook-Blog „Emma und ihr Kampf gegen die böse Blume DIPG“.

Der Beginn des Blogs war befremdlich für mich, aber irgendwann begann es, Spaß zu machen! 

Ich möchte informieren, über DIPG, über diese schlimme Art von Krebs. Ich möchte – ohne Emma vorzuführen – über unser Leben informieren, von unseren Bergen und Tälern mit DIPG berichten. Meine Ängste, Sorgen und meine Gedanken mit den Menschen teilen, die es interessiert und die mit uns fühlen. 

Als Emma noch reden konnte, habe ich oft mit ihr darüber gesprochen, daß wir nun im Internet zu sehen sind und über die Blume berichten. Daß es viele Leute interessiert, wie es uns geht, was wir machen.  
Auch heute zeige ich ihr noch die Fotos, die ich veröffentliche und erzähle ihr von den Reaktionen auf unsere Beiträge. 

Es gehört zu uns, zu unserem Kampf gegen die Blume. Und es fühlt sich richtig an. 

Denn – und das ist die Quintessenz meines heutigen Schlüsselmoment-Beitrags: 

Der Austausch zwischen den betroffenen Eltern ist so extrem wichtig! Ich habe wahnsinnig stark davon profitiert, mit den Mamas in Kontakt zu sein. Den Mamas, die genau wissen, was ich erlebt habe, gerade erlebe und noch erleben werde. Die Mamas, die mit mir fühlen und weinen – obwohl sie zum Großteil ihre geliebten Kinder bereits an das Monster DIPG verloren haben.
Ich ziehe den Hut vor allen Mamas, die trotz der Trauer die Kraft haben, mit mir darüber zu sprechen und zu schreiben. Die mir fast täglich zur Seite stehen und immer für mich da sind.Alle, die ich meine, fühlen sich jetzt hoffentich angesprochen und ich danke euch von ganzen Herzen! Ohne euch wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.

Und ich möchte es genauso machen – ich möchte anderen Mamas zur Seite stehen, in guten und in schlechten Zeiten. Um in schwierigen Phasen aufzubauen, um bei Fragen mit Rat zur Seite zu stehen, um bei Verschlechterung Hoffnung zu geben und Tränen der Verzweiflung weinen, wenn man nicht mehr weiter weiß oder einfach nur traurig und wütend ist. 

In diesem Sinne – danke, daß es euch gibt. Jeder auf seine Art und Weise, aber allesamt ungeheuer liebenswert.
Das Internet ist nicht nur anonyme Plattform, sondern auch ein Platz, um Menschen fürs Leben zu finden!