Heute vor zwei Jahren…der 13. Juli 2018

Emma im Krankenbett auf der Onko

Mein gestriger Bericht endete mit dem Eintreffen in der Notaufnahme in der Münchner Kinderklinik. Nach den Untersuchungen wurden wir auf unser Zimmer gebracht, es war bereits Nacht und wir waren sehr müde. 
Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob wir schnell einschlafen konnten oder was meine Gedanken waren, ob wir viel gesprochen haben. 
Ich lag seit Jahren wieder mal eine ganze Nacht so nah bei Emma…die Jahre zuvor schlief Emma, seit Pius Geburt 2015, in ihrem eigenen Bett. 
Ich genoss die Nähe zu ihr so sehr, auch wenn die Angst riesengroß war.
Ich werde nie vergessen, wie meine Aufmerksamkeit instinktiv auf Emma überging. Zuvor war Pius der kleinste, der hilfsbedürftigste, Emma musste als „Sandwichkind“ oft zurückstecken und warten, vieles eigenständig machen. Aber in diesem Moment handelt man als Mama nur noch nach seinem Gefühl, für das „schwächste Glied“ da zu sein. 

Morgens bekamen wir Frühstück aufs Zimmer und Emma wurde wieder untersucht (Fieber messen usw.), dann erfuhren wir, daß ein Termin zum EEG anstand. Dieses fand vormittags statt, ebenso das Aufklärungsgespräch für die Narkose. Ich weiß noch, wie ich mit Emma an der Hand in der unbekannten Klinik umherlief, wie ferngesteuert. 
Alles ging so schnell.

Zurück auf dem Zimmer sagten sie uns, daß der MRT-Termin verschoben werden musste, da Emma nicht nüchtern war. Sie hätte ihr Frühstück nicht essen dürfen, aber das wusste niemand.
Also wieder warten.

Dann wurden wir zum MRT gebracht, die Anästhesieärztin wartete bereits auf uns, ich sprach kurz mit ihr. Ich wußte nicht, wie ein MRT abläuft, ich hatte noch nie Erfahrung damit gemacht.
Sie wollte noch auf das „go“ des Mitarbeiters warten. Einen Zugang hatte Emma bereits.

Dann – ich kann ich noch so gut an diesen netten Mann erinnern – kam der „MRT-Mann“ und meinte, Emma bräuchte keine Narkose, ich könnte mit in die Röhre. Ich war einerseits so froh, daß Emma nicht narkotisiert werden musste, andererseits hatte ich riesengroße Angst vor diesem unbekannten Gerät. Aber – und das war IMMER das wichtigste – ich konnte bei Emma sein. So lag ich während der MRT-Aufnahme, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkam, mit dem Kopf auf Emmas Bauch. Sie lag so ruhig und bedacht auf der Liege, als hätte sie es schon öfter durchstehen müssen. Aber das ist Emmas Gemüt gewesen, sie hat nie groß gejammert, war immer tapfer und hat alles über sich ergehen lassen. Aber es war notwendig, das wusste sie – was ich ihr immer wieder gesagt habe. 
Die lauten, dröhnenden und klopfenden Geräusche werde ich nie vergessen, ein Wunder, daß Emma nicht bei jedem neuen Geräusch zusammengezuckt ist, denn ich bin es – jedesmal. 

Ich war so froh, als es nach etwa 40 Minuten endlich vorbei war, 
Ich weiß noch, daß ich den netten Mann beim Aufstehen von der Liege fragte, ob alles ok ist – daraufhin meinte er „mit der Aufnahme schon“. 
Bei dieser Antwort war mir klar, daß er etwas gesehen hat…

Bedrückt gingen wir zurück aufs Zimmer, Emma war erschöpft und müde und schlief ein. Ich wartete auf meinen Mann. Er war kaum eingetroffen, da kam der Stationsarzt zu uns ins Zimmer und sagte, er würde uns gerne im Raum XY sprechen. 

Wir gingen mit beklemmenden Gefühl in den Raum, in dem der Arzt und eine Krankenschwester standen, auf dem Bildschirm die Aufnahme von Emmas Kopf. 

Er machte keine großen Ausflüchte, ich hörte ihm gar nicht genau zu – nur die Worte „Ihre Tochter hat einen Gehirntumor“ werde ich NIE vergessen! Mein Mann wollte Fragen stellen, aber der Arzt meinte, wir müssen sofort unsere Sachen packen, ein Krankenwagen sei bereits unterwegs um uns in eine andere Klinik zu bringen. Die Krankenschwester wollte mich in den Arm nehmen, mich trösten, aber ich wollte nur noch zu Emma, lief zu ihr ins Zimmer. Sie schlief noch immer. Die Gedanken, Fragen und Ängste kreisten in meinem Kopf. Schnell packte ich unsere Sachen, Emma wachte auf, ich erklärte ihr nur, daß wir in eine andere Klinik gebracht werden. Schon mussten wir nach unten, der Krankenwagen wartete bereits, mein Mann fuhr mit seinem Auto nach München-Schwabing.

Auf der Kinder-Onkologie-Station wurden wir schon erwartet, alle waren immer nett und ich dachte nur immer „ihr wisst alle, was Emma hat…deshalb dieser besondere Blick“. Emma wurde nochmal Blut abgenommen, ich kann mich noch erinnern daß sie sich aus einer Piekse-Kiste was aussuchen durfte und die Krankenschwester ihr „ausnahmsweise“ erlaubte, zwei Dinge zu nehmen.

Dann bezogen wir unser Zimmer, zum Glück war niemand im Zimmer, wir hatten fünf Tage ein Zimmer nur für uns. 

Mein Mann kam dazu, wir waren total planlos und wussten nicht, wohin mit unseren Gedanken, sprechen wollten wir nicht allzu viel vor Emma, da wir ja selbst nicht wussten, wie es weitergeht. 

Später, mein Mann war bereits auf dem Heimweg, kam die Oberärztin und ein Neurochirurg ins Zimmer. Sie erklärte mir, daß Emma an einem bösartigen, schnellwachsenden Tumor erkrankt ist – DIPG! Die Bildgebung alleine ist eindeutig, der Tumor sitzt im Hirnstamm, im Pons. Eine Biopsie wäre notwendig, um dies zu bestätigen….alles weitere habe ich nur noch durch eine Nebelwand wahrgenommen. Dann waren sie weg, so schnell und plötzlich, wie sie gekommen sind.

Und ich saß da – mit dem Wissen und befragte Google….was ich da laß, erschütterte mich zutiefst. 

An die erste Nacht in diesem ZImmer kann ich mich kaum erinnern, ich weiß nur noch, daß es wahnsinnig heiß war, ich bei Emma im Bett schlief und nicht in meinem Zustellbett. Und daß sie irgendwann sagte „Mama, es ist so heiß – gehst du bitte in dein Bett?“
Ich wollte ihr nur nah sein, meinem Mädchen, meinem todkranken Mädchen. So schlüpfte ich in mein Bett und nahm ihre Hand…

…was weiter passierte, ab dem 14. Juli, erzählte ich euch in den nächsten Tagen. 

In Gedanken an meine tapfere Maus

Marion mit Emma im Herzen

Die Frage nach dem WARUM

Emmas Kopf

Die große Frage nach dem warum?

Gestern war ich nach langer Zeit mal wieder sehr nachdenklich, als ich meiner Maus den Rücken massierte und den Kopf streichelte, da fragte ich mich…

Warum muss in ihrem kleinen wunderschönen Kopf so etwas schreckliches wachsen?

ich weiß, diese Frage wird mir niemand beantworten können.

Aber es gibt Tage, da fühle ich mich einfach schwach.

Schwach und hilflos, um meiner Maus helfen zu können.

Meine Maus, alleine, trotz meiner Unterstützung, mit ihrem Schicksal.

Es bricht mir das Herz

Schutzengel

Marion mit Herzfingern

Ich sende euch ein Herz für all eure lieben, aufbauenden und mitfühlenden Worte.

Ich fühle mich immer noch stark, komme aber an meine Grenzen.

Die Hilflosigkeit ist unglaublich schwer zu ertragen.

Emma leidet, ist gefangen im eigenen Körper.

Schon lange musste ich mir eingestehen, dass die Blume den Kampf gewinnen wird.

Sie hat Emma schon soviel genommen und ihren starken Körper so sehr geschwächt.

Ich habe lange Zeit gehadert und gezögert, konnte es nicht aussprechen.

Aber heute musste ich es tun.

Unter Tränen sagte ich zu Emma, dass es nicht schlimm ist, wenn sie keine Kraft mehr hat zu kämpfen.

Dass die Blume schuld ist, dass es ihr so schlecht geht.

Und dass es sein kann, dass sie nicht mehr gesund wird.

Dass ich mir wünsche, dass sie mein Schutzengel wird und so immer bei mir ist, stets an meiner Seite….aber gesund und fröhlich, als Mädchen das wieder laufen kann und reden, singen und tanzen, lachen und ganz einfach ein normales Mädchen sein.

Das Herz schmerzt noch immer beim Gedanken an dieses schwere Gespräch.

Emma weinte bitterlich und ich mit ihr.
Sie wünscht sich noch immer so sehr, gesund zu werden.
Ich hatte Angst vor diesem Gespräch und hoffe so sehr, ihr damit nicht noch mehr Angst gemacht zu haben.

Aber meinem geliebten Mädchen beim leiden zuzusehen, das schmerzt ebenso stark wie die Aussprache dieser Worte.