Mai 2023

Der Mai

Mit dem heutigen Tag ist der Mai zu Ende und einer der bedeutendsten Monate in meinem zweiten Leben. 

Zweites Leben? 

Was ich damit meine, erzähle ich euch in einem eigenen Betrag, den ich heute noch schreiben werde. 

Mit Gedanken, die mich seit heute früh, aber wohl eher schon seit Tagen beschäftigen. 

Es gibt Phasen in meinem zweiten Leben, da ist die Trauer nicht dauernd präsent. Auch wenn ich Emma tagtäglich vermisse, bin ich oftmals mit meinem Alltag so sehr beschäftigt, dass ich selbst erschrecke, wo denn die Trauer gerade geblieben ist. 

Im Mai kam die Trauer wieder ganz arg, in langsamen Schritten, aber mit jedem Tag heftiger, auf mich zu. 

Mai ist Bewusstseinsmonat für Hirntumore. 

Als Aufgabe unseres Vereins Emmas Vermächtnis e. V. posteten wir täglich Fakten über Hirntumore. 

Mit jeder Tatsache, die wir dort veröffentlichten, verstärkte sich mein Schmerz und meine unermessliche Wut auf den schrecklichen Hirntumor DIPG, der mir meine Emma genommen hat. 

Mai ist auch Bewusstseinsmonat für Tuberöse Sklerose. Die Erkrankung, von der ich bis 2019 nichts wusste. Erst durch Doris und ihre Tochter Franzisca lernte ich TSC kennen und somit weitere Gemeinsamkeiten zwischen Doris und mir, die mich manchmal erschrecken lassen und zugleich die einzigartige Verbindung zu Doris verstärken. 

Im Mai ist der Geburtstag von Ein Hase für Emma. Im Mai 2020 wurde Ein Hase für Emma bei Facebook gegründet und damit ein Meilenstein in meinem Leben. 

Mitte Mai hatte ich mit Pius einen wichtigen Termin im Krankenhaus. 

Ein Termin, vor dem ich große Angst hatte. Nicht wegen der bevorstehenden Operation, sondern wegen der Erinnerungen. 

Den Erinnerungen an Krankenhausbetten, Arztgesprächen, den Geruch von Desinfektionsmitteln, den Geräuschen auf dem Linoleum.

Als der Arzt mich ganz behutsam aufklären wollte, was die Risiken der Operation und die notwendige Anästhesie angeht, hörte ich mich selbst sagen „Das schockiert mich nicht. Ich habe schon viel schlimmeres erlebt.“ 

Und dann erzählte ich von Emma und wieder war er da – der Blick meines Gegenübers, der so viel sagte. Ohne Worte. 

Als ich mich am Montag und gestern mit einem Fragebogen für einen weiteren wichtigen Termin mit Pius beschäftigten musste, kamen weitere Erinnerungen auf. Erinnerungen an die gute Zeit. An die Zeit vor Emmas Diagnose. Als wir noch eine unbeschwerte Familie mit drei gesunden Kindern waren. 

Bilder von Emma in meinem Handy. Erinnerungen in meinem Kopf. Traurigkeit und Liebe. Ein Gefühlschaos ohne gleichen. 

Nun ist er vorbei, der Mai.

Der Mai, der seit 2018 eine andere Bedeutung für mich hat. 

Goodbye Mai, bis 2024. Da spüren wir uns wieder. 

Weltkrebstag

Samstag, 4. Februar 2023

WELTKREBSTAG

An jedem 4. Februar ist Weltkrebstag. Heuer findet er zum 23. Mal statt. Das Thema 2023 lautet „Versorgungslücken schließen“.

Das Ziel ist, die Vorbeugung, Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen bewusst zu machen und dazu dienen, mehr über die Vorbeugung von Krebs und Krebsfrüherkennung zu erfahren.

Denn in Deutschland erkranken jährlich ca. 500.000 Menschen an Krebs.

Mit den derzeitigen Behandlungsmethoden können ca. 80 % der erkrankten Kinder geheilt werden.

Beim bösartigen Hirntumor DIPG ist das leider bis heute nicht der Fall. Eine Heilung gibt es nicht!

Den grausamen Satz „Ihr Kind hat Krebs“ mussten wir am 13. Juli 2018 hören.

Seitdem sind 1667 Tage vergangen, an denen ich tagtäglich mit dem Thema Krebs konfrontiert werde.

„Das Kind erkrankt an Krebs, die Familie leidet an Krebs.“

Dieser Satz trifft sehr passend, wie ich ich fühle, wie meine Familie sich fühlt. Dieses Gefühl endet nicht mit dem Tod des erkrankten Kindes. Die Familie wird auf ewig an Krebs leiden.
Deshalb möchte ich heute allen Menschen gedenken, die gegen den Krebs gekämpft haben und die gegenwärtig gegen Krebs kämpfen sowie allen Menschen, die an ihrer Seite sind und waren.

Ich nenne meine Tochter beim Namen und wünsche mir, auch ihr tut das.

Für Emma und ewig.

In Gedenken an meine geliebte Tochter Emma, 21.06.2012 – 29.09.2019

*** Das Bild, das ich für diesen Beitrag ausgewählt habe, zeigt meine geliebte Emma im Juni 2018, als wir ihren 6. Geburtstag bei ihren Großeltern gefeiert haben. Ohne einen Gedanken an Krebs. Denn zu diesem Zeitpunkt ist er noch nicht in unser Leben getreten. ***

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Tag des Patienten

Donnerstag, 26. Januar 2023

TAG DES PATIENTEN

Heute findet bundesweit der Tag des Patienten statt.
Das diesjährige Motto lautet GESUNDHEIT – WISSEN – KOMPETENZ.

Jeder von uns fühlt sich angesprochen, denn Patient ist man von Kindesbeinen an – bereits als Baby ist jeder Mensch ein Patient.

Im Laufe des Lebens wird man als Patient bei den gängigen Arztterminen zumeist so behandelt, wie man es sich vorstellt.

Durch chronische Erkrankungen oder schwerwiegende Diagnosen ist man ein Patient auf Dauer oder für befristete Zeit. In dieser Zeit wird einem oft erst klar, in welchen Bereichen Defizite im Gesundheitswesen vorhanden sind.

Mit dem heutigen Aktionstag wird sich für die Rechte der Patienten eingesetzt. Vom Bundesverband Beschwerdemanagement für Gesundheitseinrichtungen e. V. wurde er 2016 ins Leben gerufen.

Das große Ziel des Aktionstages ist es, die Seite des Patienten durch Information, Mitwirkung und Mitentscheidung zu stärken und zu verbessern.
Die Menschen sollen über Rechte und Möglichkeiten aufgeklärt werden. Der Genesungsprozess jedes einzelnen Patienten soll auf Augenhöhe mit behandelnden Ärzten und dem Pflegepersonal geschehen.

Ich könnte jetzt aus meinem Erfahrungsschatz erzählen. Geschichten, die man nicht zu glauben wagt, die aber tatsächlich – leider – so passiert sind.

Aber dies möchte ich nicht tun.

Denn die unangenehmen Erfahrungen, die ich als Mama einer Patientin, meiner Emma, während und insbesondere in den letzten 14 Monaten ihres Lebens gemacht habe, werden überstrahlt von genau den Momenten, in denen wir ehrlich, aber einfühlsam, unserer Situation passend, behandelt wurden.

Deshalb möchte ich heute hiermit an dieser Stelle allen danken, die in dieser schweren Zeit an unserer Seite waren!

*** Das Bild, das ich für diesen Beitrag ausgewählt habe, zeigt meine geliebte Emma im August 2018, im Klinikum München Schwabing, während der ersten Bestrahlungswoche. ***

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Schicksalshafte Begegnungen oder Mein Tag in Bildern

Das Leben kann man nicht planen. 

Begegnungen aber oftmals auch nicht. 

Denn die spontanen Aufeinandertreffen sind vielleicht schöner als die, die man lange voraus geplant hat.

So geschah es auch heute. 

Ich bin immer noch voller kaum beschreibbarer Emotionen, wenn ich an die vergangenen Stunden denke.

Ich muss etwas ausholen….

Bereits Ende September erreichte uns eine E-Mail der Nachsorgestelle der Elterninitiative krebskranke Kinder München e. V. 

Sie stellen die diesjährige Weihnachtswunschbaum-Aktion vor und riefen dazu auf, die Weihnachtswünsche der erkrankten und genesenen Kinder sowie der Geschwisterkinder einzureichen.

Bereits letztes Jahr haben wir mitgemacht und uns sehr darüber gefreut, dass wir und besonders Emmas Brüder auch nach Emmas Tod nicht vergessen werden.

(Link zum Bericht von 2021: http://emmakarl.de/2021/12/17/muenchen/)

So fuhren mein Mann und ich heute wieder nach München, etwas mehr als ein Jahr nach dem letzten Besuch in der Stadt mit den vielen Erinnerungen

Als wir die Räumlichkeiten der Elterninitiative betraten, wurden wir von zwei Mitarbeiterinnen herzlich begrüßt. Uns wurden die Geschenke für die Jungs überreicht. Wir redeten über Emma, über die wundervolle Weihnachtswunschbaum-Aktion und so vieles mehr. 

Als wir erfuhren, dass innerhalb der nächsten Stunde ein ganz besonderer Mensch vorbeikommen würde, dachte ich mir 

„Ach, wie schön wäre es, wenn wir uns noch sehen würden“. 

Keine fünf Minuten später öffnete sich die Tür und ich hörte ihre Stimme – sie war da! Lisa. 

Lisa begegneten wir oft während der Zeit auf der Onkologie des Klinikum München Schwabing. Lisa arbeitete dort als Erzieherin und war überall vertreten. Wenn wir in der Tagesklinik waren, huschte Lisa fast immer an uns vorbei, hielt kurz inne, für ein kurzes Gespräch. Meist war Emmas bunte Kleidung oder ihre Friseur Thema – und Emma freute sich über die Komplimente und ein wenig Ablenkung. 

Inzwischen ist Lisa im wohlverdienten Ruhestand, aber sie verbringt weiterhin viel Zeit mit dem Thema „Krebs bei Kindern“. Denn sie ist im Vorstand der Initiative krebskranke Kinder München e. V. 

Wenn ich an die Zeit im Krankenhaus zurückdenke, dann sind das meist  trotz aller Tragik die schöne Momenten. Wie die Momente mit Lisa.

Die Verbundenheit war sofort wieder da, als wäre kein Tag vergangen. Die herzliche Umarmung und das gemeinsame Schwelgen in Erinnerungen gaben mir schlagartig unendlich viel Kraft! 

Ich kann nicht beschreiben, wie glücklich ich war, als Lisa erzählte, wie gut sie sich an uns erinnern konnte und mit glänzenden Augen von Emma sprach – von ihrem Wesen und ihrer Tapferkeit. Bunt und fröhlich – so ist ihr Emma im Gedächtnis geblieben. 

Als wir uns verabschiedeten und ich auf die belebte Straße in München Schwabing trat, war ich geflasht. 

Geflasht von dieser ungeplanten wundervollen Begegnung. 

Aber unsere Reise der wundersamen Begegnungen sollte noch nicht zu Ende sein.

Da ich seit fast zwei Jahrzehnten ein großer Fan der Schweizer Marke FREITAG bin, beschlossen wir, den Freitag Store in München zu besuchen und fuhren weiter Richtung Viktualienmarkt.

Während Emmas Behandlung waren wir auch dort und hatten der Shopleiterin von Emma erzählt. Emma hatte bei ihr einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Denn zu Emmas 7. Geburtstag postete sie Geburtstagsgrüße bei Instagram.

Heute war ich auf der Suche nach einer bestimmten Tasche mit den Buchstaben E M, die ich bei Instagram gesehen haben. 

Als wir nach der Tasche fragten, erkannte sie uns und sagte 

„Ihr seid doch die Eltern von Emma“. 

Ich war baff. Zumal ich nicht damit gerechnet habe, dass sie immer noch in dem Shop arbeitet, hatte ich überhaupt nicht mit dieser zweiten schicksalshaften Begegnung gerechnet. 

Wie viele Kunden waren in der Zwischenzeit in diesem Shop? 

Aber Menschen wie uns und Schicksale wie das von Emma vergisst man nicht…

Das zweite Mal Gänsehaut an diesem Tag. 

Das zweite Mal ein Wink von Emma, ein Zeichen, mir ausgerechnet jetzt, kurz vor Weihnachten diese wundervollen Menschen zu schicken, die sich gemeinsam mit mir an meine zauberhafte Emma erinnern? 

Das kann kein Zufall sein! 

Wie oft habe ich mir gewünscht, dass Emma mir Zeichen sendet.

Heute waren sie da, in zweifacher und so eindeutiger Form!

Ich muss zugeben, ich bin nicht die Beste im Pflegen sozialer Kontakte (viele meiner Leserinnen wissen, wovon ich spreche). Umso mehr freut es mich, wenn ich ohne Zögern mit offenen Armen empfangen werde und spüre, dass es okay ist. 

Denn alles hat seine Gründe und viele wissen das auch. 

Die gemeinsame Zeit heute mit meinem Mann war ein Geschenk. 

Denn im Alltag fehlt uns oft die Zeit für tiefgreifende Gespräche, für Erinnerungen an Emma. 

Wir nutzen die Zeit an diesem freien Tag und fuhren noch zur Motor World München. Eine dekadente, surreale Welt mit Fahrzeugen, deren Wert meine Vorstellungskraft übersteigt. 

Neben all den glänzend polierten Autos und zwischen den Menschen war ich in meiner eigenen Welt und betrachtete die wunderschöne Industrie-Kulisse des ehemaliges Bahnausbesserungswerks. 

Zuhause angekommen erwartete mich noch ein Paket mit einem Werk, auf das ich unglaublich stolz bin. Aber davon erzähle ich euch ein anderes Mal…

Wahnsinnig viele Eindrücke für diesen kurzen Tag. Fast ein wenig zuviel für mein zartes Gemüt. Nun brauche ich erst etwas Zeit, um zu verarbeiten, was ich heute alles erlebt habe. Vielleicht träume ich noch, von Emma und den kraftspendenden Menschen, die mir heute meinen Tag bereichert haben.

Gemeinsam Kraft spenden. So lautet der Leitspruch der Elterninitiative. Wie unfassbar passend, an diesem 22. Dezember 2022. 

Nie hätte ich diesen Tag so planen können…

Den Moment geniessen…

Ein weiser alter Freund, mit dem ich regelmäßig Gedanken und Gefühle austausche, hat mich inspiriert. Etwas bewusst geniessen. Nicht an gestern denken, nicht an morgen. Hier und jetzt. Intensiv. Als gäbe es kein morgen mehr.
Alle die mich kennen, wissen, dass mir das nicht leicht fällt. Die rastlose Marion mit ihren 100 To Dos im Kopf und auf der Liste.
Das ist mein Alltag.
Sonntage hingegen, fernab vom üblichen Alltag mit Terminen und Co., die sind schwer für mich. Es gibt Sonntage, an denen wünsche ich mir schon morgens, dass sie schnell vorbei sein sollen.
Aber heute war ein besonderer Sonntag.
Bewusst habe ich mir heute nachmittag mit meinem großen Sohn Quirin etwas gegönnt.
Wir haben es uns im Café bei uns im Dorf gut gehen lassen. Bei einer Tasse Cappuccino und einem Stück Torte habe ich meinen Sohn betrachtet, der genüsslich seinen Kuchen aß. Kinder, auch wenn sie noch so groß und pubertär sind, können den Moment viel besser genießen als wir Erwachsene. Oder geht es nur mir so?
Aber heute habe ich an die Worte meines weisen Freunds gedacht und es versucht.
Und es ist mir gelungen! Es war wunderschön.
Satt und zufrieden besuchten wir noch Emmas Grab. Beseelt von dem unerwartet schönen Nachmittag gab es noch einen ebenso unerwartet schönen Ratsch mit Bekannten.
Immer wieder betrachtete ich meinem Sohn. Ich spürte, wie gut es ihm tat, Zeit mit mir alleine zu verbringen.
So wie früher, als wir noch zu fünft waren und Sonntag ein typischer Familientag war. So wie in anderen „normalen“ Familien auch.
Als ich am Abend meinem Mann von unserem Nachmittag erzählte, fotografierte er mich heimlich. Nachdenklich war ich in diesem Moment, aber ich finde, man sieht, wie positiv die erlebten Stunden nachwirkten.
In diesem Sinne – auf bewusste Momente!
Marion mit Emma im Herzen

München. Bogenhausen. Ein Ort der Erinnerung.

Nie wieder in meinem Leben wollte ich dort hin.

Aber das Leben stellt nicht die Frage, ob man das möchte, ob man das ertragen kann.
Keinesfalls. Das Leben macht das, was man zu erledigen hat.
Eine Aufgabe, eine von vielen, schier nicht zu bewältigenden Aufgaben, die ich da heute erledigt habe.
Vielleicht war es gut so, vielleicht gehört auch das zur Trauerbewältigung. Sich den Tatsachen stellen. Sich den Erinnerungen hingeben.
Ich ging heute den schweren Weg ins Klinikum Bogenhausen, um meine Mama zu besuchen.
Ich ging die Wege, die ich im Juli 2018 mit Emma gegangen bin.
Ich blickte auf die Stellen, an denen ich stundenlang auf eine Nachricht gewartet habe.
Die Nachricht, ob die Biopsie gut verlaufen war, wie es Emma ging, wann ich sie wieder sehen dürfte.
1549 Tage nachdem ich zuletzt das Krankenhaus in München Bogenhausen betreten hatte, war ich wieder dort.
Am Ort der Erinnerungen.
Station 12. Onkologie. Da lag meine Mama. Zwar in einem anderen Flügel wie Emma im Sommer 2018, aber ich stand wie versteinert vor der Türe, durch die ich auch mit Emma gegangen bin. Ging durch die Flure, durch die ich getigert bin, als ich warten musste.
Nach dem Besuch bei meiner Mama zog es mich förmlich nach draußen.
Kurz vor dem Verlassen der Station zögerte ich. Ich überlegte, ob ich zu dem Zimmer gehen sollte, in dem ich mit Emma eine Nacht verbrachte. Aber ich ging zurück, zum Treppenhaus und zum Ausgang. Durchatmen. Raus. Einfach nur raus.
Irgendwas stoppte mich, auch diese Erinnerung einzufordern.
Vielleicht war es besser so, vielleicht nahm mich Emma an der Hand und sagte
„Mama, komm, jetzt ists gut, wir gehen wieder nach Hause.“

Ida

Darf ich vorstellen?
Das ist Ida, eine wunderschöne Maine-Coon-Katze, die seit 18. September Teil unserer Familie ist.

Wenn ich mich an einem anstrengenden Tag mit ihr hinsetze, sie streichle und ihrem sanften Schnurren lausche, dann tauche ich ein in eine kleine Traumwelt. Weit weg sind in diesem Moment die Sorgen, die Ängste und vor allen Dingen all die Dinge, die ich noch zu erledigen habe.

Ihr Fell ist nicht nur wunderbar weich, es hat eine rote Färbung, so dass mich die Farbe immer an meine Emma erinnert.
Meine Emma mit ihren so schönen roten Haaren…
Sie begleitet mich auf Schritt und Tritt, liebt es zu essen und schläft nachts bei mir im Bett.
Es fühlt sich gut an. Wer weiß, vielleicht hat sie mir der Himmel geschickt?

Mein Schmetterling

Heute möchte ich euch etwas über mein Schmetterlings-Tattoo erzählen, das seit einiger Zeit meinen Körper ziert.
In der Metamorphose verwandelt sich der Schmetterling von einer unscheinbaren, am Boden lebenden Raupe in einen strahlenden Schmetterling, der in die Freiheit hinaus schwebt.
Er erlebt einen Neuanfang. Eine große, neue Aufgabe wartet auf ihn. Vorhergesehen, aber dennoch neu und unerfahren schwebt er umher und sieht die Welt mit anderen Augen.
Er spürt eine Befreiung, fliegt in die Freiheit und beginnt, losgelöst von der Erde, ein neues Leben.
All das kann man auf Emma und mich beziehen, all das passt zu unserem Schicksal und meinem neuen Leben ohne meine geliebte Emma.
So symbolisiert das Tattoo für mich auch das Leben vor Emmas Diagnose in Form von Blüten und mein Leben nach ihrem Tod in veränderter Form.
Wusstet ihr schon von diesen Behauptungen über Schmetterlings-Tattoos?
• Frauen, die einen Schmetterling (oft in Kombination mit Blumen) als Tattoo tragen, drücken damit ihre Weiblichkeit und Reife aus.
• In Asien gilt das Erscheinen einen schwarzen Schmetterlings als Ankündigung oder Nachricht über den Tod eines geliebten Menschen.
• In China stehen zwei Falter symbolisch für die Liebe.
• In Japan und Griechenland steht der Schmetterling als Symbol für die Seele eines Menschen nach seinem Tod.
• Das altgriechische Wort für Schmetterling lautete „Psyche“.
Er soll den Verstorbenen sicher auf die andere Seite bringen.

Emma-Kunst

Schönheit liegt in den Augen des Betrachters.
Was der eine als schön, ästhetisch, kunstvoll bezeichnet, findet der andere einfach nur hässlich.
Aber das ist auch gut so. Ich war schon immer anders als die Norm.
Das alte Thema…viele, die mich über Jahre begleiten, wissen das.
Und in gewisser Art und Weise bin ich auch stolz darauf, nicht zur Norm zu gehören.

Es wäre ja langweilig, wenn alle gleich aussehen würden, die Geschmäcker alle gleich wären. Was für MICH wahre „Emma-Kunst“ ist, ist mein nun zu 99 % vollständiger „Emma-Arm“, wie es Pius immer so lieb ausdrückt.

Als Emma krank wurde und wie schon vor ihrer Diagnose unzählige, für mich wunderschöne Bilder zeichnete, habe ich beschlossen, mir ein Selbstporträt von Emma, mit ihrer Unterschrift und einem Regenbogen tätowieren zu lassen. Bei diesem Termin bei Bavaria Tattoo war sie dabei und war soooo stolz, dass eines ihrer Kunstwerke nun auf meinen Arm verewigt war.

Nach Emmas Tod ließ ich mir von Dominik ihren Handabdruck mit einer Liebesbotschaft unter die Haut bringen. Ich wußte, dass dies noch nicht das Ende war. So fand ich heuer im Sommer kurzerhand und zufällig einen Tattookünstler in meiner Nähe, der mir ein Porträt von Emma tätowierte. Holly hat auf wunderschöne Art und Weise mein Mädchen auf meinem Oberarm verewigt.
Das Vorlagen-Foto von Emma wurde im Kindergarten aufgenommen, einige Monate vor der Diagnose. Sie wurde geschminkt, hatte Glitzer auf ihrer Stirn und den Backen – selbst diese Details sind – wenn man das Originalfoto kennt – wunderbar zu erkennen.
Als ich ihm von Emma und unserem Schicksal erzählte, schmiedeten wir gemeinsam Pläne, wie der „Emma-Arm“ weiter ausgebaut werden könnte.
So suchte ich aus Emmas Kunstwerken einige Zeichnungen heraus, die er in zwei weiteren Sitzungen auf meinem rechten Arm tätowierte.

Ich bin stolz, meinen Arm als Leinwand für Emmas Gemälde täglich zu sehen, mich zu erinnern, wie sie gedankenverloren am Tisch oder Boden saß und gezeichnet hat.

Erst beim heraussuchen der Tattoo-Motive fiel mir auf, wie oft sie Erlebnisse, Träume und Wünsche in ihren Zeichnungen verarbeitete.

So ziert mein Arm nun eine Fee, ein Zirkusdirektor, Emma im Auto, eine Sonne, Emma als kleines Mädchen, eine Katze, ein buntes Haus und das Selbstporträt mit dem Regenbogen.

Ich bin stolz wie Bolle und hoffe, Emma freut sich vom Himmel aus, dass ich so immer eine kleine Kunstausstellung von EMMA KARL bei mir trage.

Herbstanfang

Seit langem sitze ich abends mal wieder draußen.

Es ist kalt, der Sommer verabschiedet sich.
Der Herbstanfang steht bevor.

Ich schwelge in Gedanken an die Zeit vor zwei Jahren, als ich bei Emma saß und nichts vom Sommer 2019 mit bekam.

Ich frage mich, wo sie gerade ist, was sie gerade macht. Ich schaue auf das knisternde Feuer, das mein Mann gemacht hat, um uns etwas zu wärmen.
Ich erblicke den Schmetterling, den Pius vor einigen Wochen ausgesucht hat.
Zuerst wollte er, dass dieser zu Emma ans Grab kommt, zu den beiden Schmetterlingen, die dort schon sind.
Aber dann beschloss er, dass dieser Schmetterling, den die Sonne tagsüber auflädt, damit er abends hell leuchtet, bei uns bleiben soll…damit Emma sieht, wo wir warten, an sie denken, ihr den Weg zeigen, wenn sie uns besuchen möchte.

Welch wunderschöner Gedanke.

So nahm ich den Schmetterling, um ihr den Weg zu weisen, zu zeigen „komm Emma, komm zu mir, wir gehen jetzt schlafen“.

So hoffe ich, dass sie mich gehört hat und die Nacht bei mir verbringt.