Meine Emma, mein Mausebär,

heute vor drei Jahren bist du für immer eingeschlafen und wachst seitdem als Engel im Himmel über unsere Familie.
Ablenken wollte ich mich heute, aber es ist mir nicht gelungen. Immer wieder kreisten die Gedanken um die Stunden vor drei Jahren.
Du weißt, wie schwer es mir fällt, Fotos und Videos von dir anzusehen.
Auch die Erinnerungen an die Zeit vor drei Jahren versuche ich zu verdrängen.
Weil es mich so traurig macht.
Papa und ich sind vormittags los gefahren, um Luftballons für dein Grab und als Himmelsgruß zu holen.
Ich fühlte mich so leer und einsam, so tieftraurig.
Dann sah ich bei Facebook das Video von Doris, das sie für heute gezaubert hatte.
Als die Stimme von Patricia einsetzte und sie für uns beide das Lied „Still“ von Jupiter Jones sang, war es um mich geschehen.
Innerhalb der kompletten vier Minuten des Videos, beim Betrachten jedes einzelnen Fotos erschienen blitzartig die Erinnerungen dieser Momente in meinem Kopf.
Genau das habe ich gebraucht! Es tat so gut und der Tag nahm eine Wendung.
Ich lächelte, ein wohlig warmes Gefühl umgab mich. Ein Gefühl voller Stolz und Dankbarkeit.
Ab diesem Zeitpunkt weinte ich nicht mehr, sondern lächelte selig und tat all das, was du gern mochtest – ich aß Süßigkeiten und schaute Fotos und Videos an. Papa lackierte mir die Nägel – mit deinem mintfarbenen Nagellack, den du so sehr gemocht hast.
Ich hoffe, die Luftballons in rosa und pink haben dich erreicht. Leider hat der Himmel geweint, als wir an deinem Grab waren. Aber wir hatten einen ganz besonderen Emma-Hasen dabei, der heute den Tag mit uns verbringt und ein Stückchen Emma mit auf seine Reise nimmt, die bald ansteht.
Aber warum erzähle ich dir das alles? Du bist doch immer bei mir, oder? Das sanfte Streicheln über meine Wange oder meinen Kopf, das bist doch du!
Bitte begleite uns heute Abend, zum ersten Elternabend in der Schule von Pius. Denn auch dieser Weg fällt mir so schwer, du weißt warum – auch du wärst in diese Schule gekommen. Aber mit dir an meiner Seite schaffe ich auch das!
Mein unsichtbarer Engel, wenn ich dich doch nur sehen könnte…
Ich liebe dich – für immer und ewig. Für Emma und ewig!
Deine Mama

Mut

Wir waren sowas von mutig, als wir Anfang Oktober 2018 alleine in der Stadt unterwegs waren.

Denn seit der Diagnose waren wir meist im sicheren Zuhause, wenn wir nicht in der Klinik waren.

Ich erinnere mich noch gut an die Stunden, in denen Emma und ich in der Stadt waren und unsere kleine Auszeit genossen haben. Es war kühl und wir beschlossen, in einem Café Pause zu machen. Einen Blaubeer-Macaron hatte sich Emma ausgesucht, der stilvoll auf einem kleinen Schieferteller serviert wurde.
Verdrängt habe ich in diesem Moment, wie in so vielen, dass unsere Zeit begrenzt ist und diese gemeinsamen Erlebnisse irgendwann in meiner Erinnerung verblassen würden.

Manche Erinnerungen kann ich beim Betrachten von Bildern hervorrufen, bei anderen fällt es mir unglaublich schwer.
Schwer wie Blei, so fühlt sich mein Leben manchmal an.
Gelähmt, voran zu kommen. Aber ich versuche immer wieder, mutig zu sein und Neues anzugehen.
In den letzten Wochen ist Musik wieder verstärkt mein Wegbegleiter. Musik kann Traurigkeit verstärken, ablenken oder sich erinnern lassen – an diese gewissen Momente, die für immer im Herzen bleiben.
Heute habe ich versucht, mich abzulenken, während ich arbeiten war. Aber immer wieder kamen die Gedanken auf, an den Tag vor drei Jahren. An die Tage und Stunden zuvor. Denn auch wenn ich immer wieder vom Alltag abgelenkt war, so umgibt mich seit Tagen ein Gefühl, das ich für immer und ewig in mir tragen werde.
„So still, dass jeder von uns wusste, das hier ist für immer
Für immer und ein Leben und es war so still
Dass jeder von uns ahnte, hierfür gibt′s kein Wort
Das jemals das Gefühl beschreiben kann
So still, dass alle Uhren schwiegen
Ja, die Zeit kam zum Erliegen
So still und so verloren gingst du fort
So still und so verloren gingst du fort
So laut die Stunden nach dem Aufschlag, als es galt
Das alles zu erfassen und verstehen und es war so laut
Dass alles, was wir dachten, nichts als Leere zu uns brachte
So laut und so verloren war es hier
Als Stille bei uns wohnte, anstatt dir“
Den Song „Still“ von JUPITER JONES hatte ich schon lange vor Emmas Diagnose in meiner Playlist. Wer konnte ahnen, dass er irgendwann genau das ausdrücken würde, was ich fühlen werde….?
Meine Gefühle fahren Achterbahn an diesem besonders schweren Tag.
Tiefe Traurigkeit und die Erinnerung an die Zeit vor drei Jahren wechseln sich ab mit Stolz und Dankbarkeit. Stolz auf mein Mädchen. Dankbar, Emmas Mama sein zu dürfen. Dankbar, dass ich sieben Jahre an ihrer Seite sein durfte. Dankbar für all das, was sie mir mitgegeben hat in ihrem kurzen Leben.
Aber auch dankbar für all die lieben Wegbegleiter, die an meiner Seite sind. Die helfen, dass Emma unvergessen bleibt und die ganz genau wissen, was mir gut tut. Die mir an so schweren Tagen wie heute ein Lächeln ins Gesicht zaubern…